Das wochenlange Gezanke der Bundesregierung um ein weiteres Entlastungspaket hat seinen Höhepunkt in einer 20-stündigen Beratung auf Schloss Meseberg gefunden und um es mit Christian Lindners Worten zu sagen: Es ist “wuchtig” geworden. Doch viele Maßnahmen sind mit dem Gießkannen-Prinzip wenig hilfreich und die “Abschöpfung von Zufallsgewinnen” ein Irrweg. Warum? Das erläutern wir in diesem Blogbeitrag.
Entlastungspaket von 65 Milliarden Euro
“Wuchtig” sei es ausgefallen, sagte Christian Lindner, als er am 04.09.22 zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz und weiteren Vertretern der Ampel das dritte Entlastungspaket mit dem Namen “Deutschland steht zusammen. Maßnahmenpaket des Bundes zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung und zu Stärkung der Einkommen” präsentierte (Quelle). In der Tat: Mit über 65 Milliarden Euro für 2022 und 2023 fällt das Paket recht üppig aus und mit den ersten beiden früher im Jahr beschlossenen Paketen kommt man damit auf insgesamt 95 Milliarden Euro.
Entlastungen und das Prinzip Gießkanne
„You’ll never walk alone“ verlautbart Kanzler Scholz am laufenden Band und man muss ihm lassen, dass das Maßnahmenpaket offensichtlich versucht, niemanden zu vergessen. Es wurden eine Vielzahl von Maßnahmen vereinbart, darunter sind gezielte Schritte wie die Ausweitung des Wohngeldes für einkommensschwache Haushalte und Selbstverständlichkeiten wie der Abbau der kalten Progression.
Wie in den letzten Paketen, so wird auch in diesem ordentlich vom Prinzip Gießkanne Gebrauch gemacht. Alle Rentner werden eine Einmalzahlung von 300 € und alle Studenten eine von 200 € erhalten. Auch wenn die Zahlung an die Rentner einkommenssteuerpflichtig ist und deshalb Bezieher geringer Renten netto mehr erhalten, sind beide Maßnahmen wenig zielgerichtet. Nicht jeder Rentner und nicht jeder Student ist auf die Hilfe angewiesen und die, die es sind, kommen mit den Summen wohl kaum über die Runden. Es ist zwar unpopulär auf Rentnern rumzureiten, jedoch gab es zum 01. Juli bereits eine erhebliche Rentenerhöhung im Westen von 5,35 % und im Osten von 6,12 %, obwohl die Arbeitsentgelte der Arbeitnehmer, welche die Rente gegenfinanzieren unter anderem durch die Coronakrise gesunken sind. Aufgrund des Aufbaus der Alterspyramide und der schieren Überzahl an älteren Mitbürgern, wird es sich aber keine Partei leisten können, auch dieser Personengruppe eine faire Lastenverteilung aufzubürden. Was ist eigentlich mit Selbstständigen und Freiberuflern?
Die Finanzierung des Entlastungspakets: Die Abschöpfung von Zufallsgewinnen
Die Übergewinnsteuer soll kommen, darf aber nicht so heißen. Zwar beteuert Lindner, die Maßnahmen könnten aus den Bundeshaushalten 2022 und 2023 unter Einhaltung der Schuldenbremse im nächsten Jahr finanziert werden. Allerdings entpuppt sich seine Rechnung als die eines Milchbubens. Von den angepeilten 65 Milliarden Euro sollen nur 32 Milliarden aus dem Bundeshaushalt finanziert werden, der Rest aus weiteren Quellen. Besonders die Finanzierung der geplanten Strompreisbremse weilt im Unklaren: Ein noch nicht näher definierter Basisverbrauch an Strom soll den privaten Haushalten und den kleinen und mittleren Unternehmen vergünstigt angeboten werden.
Finanziert werden soll dies durch eine “Abschöpfung von Zufallsgewinnen” von Energieunternehmen. Was kann man sich unter dem Begriff “Zufallsgewinne” vorstellen? In Zeiten des höchsten Strombedarfs werden Gaskraftwerke als Letzte angeworfen, weil sie den teuersten Strom erzeugen. Damit setzen sie an den Spotmärkten den Preis für die gesamte Stromerzeugung. Dieses Prinzip lautet Merit-Order-Prinzip. Da der hohe Gaspreis zurzeit den Strompreis in ungeahnte Höhen treibt, steigen damit tatsächlich die Gewinne der Erzeuger von Wind-, Solar-, Kohle- und Atomstrom. Korrigiert der Staat damit dann nur einen dysfunktionalen Markt?
Wie immer wird der staatliche Eingriff in diese Preisbildung mehr Chaos stiften, als Probleme lösen! Ist es wirklich klug, die Gewinne der Stromerzeuger abzuschöpfen und damit ihre Investitionsmöglichkeiten in Erneuerbare-Energien zu minimieren, wenn doch Klimaschutz das Gebot der Stunde sein sollte?
Dieses Vorhaben wird in der Tat auch auf europäischer Ebene diskutiert. Ob und wann sich die EU auf einen solchen Mechanismus einigen wird, steht aber noch in den Sternen. Sollte dies nicht zeitnah geschehen, plant die Ampel eine nationale Lösung. Doch wie diese in einen EU-weiten Strombinnenmarkt passen soll, behält sie zurzeit für sich.
Fazit zum Entlastungspaket III
Wieder einmal regiert das Prinzip Gießkanne. Zwar ist der Abbau der kalten Progression längst überfällig und die Erhöhung des Wohngeldes auf einen erweiterten Bezieherkreis zielgenau, jedoch werden andere Maßnahmen über Teile der Bevölkerung ausgeschüttet, die diese Hilfe nicht benötigen. Das Geld wird an anderer Stelle fehlen. In den Bundeshaushalten 2022 und 2023 könnten rund 32 Milliarden Euro für die Entlastungen mobilisiert werden, sagte Lindner. Die Einnahmeentwicklung sowie die „bereits getroffenen Vorsorgen für das Jahr 2023“ ließen dies zu. Hinzu komme dann die geplante Abschöpfung von Gewinnen bei Energiefirmen, die Lindner auf einen zweistelligen Milliardenbetrag bezifferte. Ob und wie dies funktionieren soll, steht jedoch noch in den Sternen. Dass diese “Zufallsgewinne” den Energieerzeugern bei der Entwicklung zur klimaneutralen Zukunft fehlen wird, steht jedoch in Stein gemeißelt.
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