Die Zinsen liegen seit Jahren bei ungefähr null Prozent, doch das Finanzamt berechnete bisher für Steuerschulden stets sechs Prozent Zinsen. Ziemlich realitätsfern, oder? Findet auch das Bundesverfassungsgericht. Was dies für Steuerzahler bedeutet, haben wir in diesem Blogbeitrag zusammengefasst!
Karlsruhe schreitet ein!
Und täglich grüßt das Murmeltier! Wieder einmal kippt das Bundesverfassungsgericht eine Steuerregelung unserer Regierung. Nach der verfassungswidrigen Grundsteuer und der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über die verfassungswidrige Behandlung von Aktienverlusten müssen die Gerichte erneut die Regierung in die Schranken weisen.
In einem aktuellen Urteil stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass Säumniszinsen für verspätete Steuerzahlungen nicht mit sechs Prozent pro Jahr berechnet werden dürfen. Der Zinssatz stammt übrigens aus dem Jahr 1961, in der aktuellen Niedrigzinspolitik absolut realitätsfern. Dabei ist im Urteil vor allem auf die Sprache der Richter zu achten, denn spätestens seit dem Jahr 2014 sei der Zinssatz „evident realitätsfern“ und „kein Ausdruck üblicher Zinsschwankungen“.
Folgen des Urteils
Über den gesenkten Zinssatz (wie dieser ausfällt, bleibt noch abzuwarten) dürfen sich vor allem Unternehmen freuen, denn sollte es zu einer Steuernachzahlung in Folge einer Betriebsprüfung kommen, verringern sich die bislang erheblichen Zinsschulden durch dieses Urteil.
Aber das Urteil wirkt auch in die andere Richtung: Wenn der Staat Steuern mit Verspätung erstattete, konnten Steuerzahler sechs Prozent Zinsen vom Staat erhalten, auch diese Regelung fällt nun weg.
Die Neuregelung muss der Gesetzgeber erst ab Steuerbescheiden von 2019 umsetzen, da laut den Richtern die Korrektur von früheren Steuerbescheiden mit einem „erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden wäre“.
Eine Neuregelung muss bis Ende Juli 2022 stehen, so die Karlsruher Richter. Bereits fest steht, dass dem Staat Einnahmen wegfallen, denn unterm Strich waren die hohen Zinsen aus staatlicher Sicht ein Gewinn. Zwischen 2010 und 2018 lagen die Einnahmen aus den Nachzahlungszinsen immer über den Zinsen, die auf Erstattungen gezahlt werden mussten.
Fazit
Der 60 Jahre alte Zinssatz hat ausgedient und aufgrund des Urteils aus Karlsruhe muss die Bundesregierung eine Neuregelung finden. Fraglich warum es hierfür das Bundesverfassungsgericht gebraucht hat, denn der Bundesfinanzhof hatte bereits 2018 „schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit“ für Verzinsungszeiträume ab 2015 geäußert. Wir dürfen mit dem gleichen Ablauf bei der Verrechnung von Aktienverlusten rechnen. Im Juni 2021 äußerte sich der Bundesfinanzhof zur Ungleichbehandlung von Aktienverlusten (nicht verrechenbar mit anderen Investments) und hält diese ebenfalls für verfassungswidrig. Uns würde es überraschen, wenn die Regierung vor einem Urteil aus Karlsruhe eine Neuregelung findet, denn es bedarf in Zukunft wohl öfter das Bundesverfassungsgericht, um verfassungswidrige Gesetze zu kippen.
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