Schon seit längerem ist die Verlustverrechnungsbegrenzung privaten Anlegern und Tradern ein Dorn im Auge. Seit der missratenen Gesetzesänderung zur Verlustverrechnungsbegrenzung im Jahr 2021 können Verluste aus Termingeschäften nur noch bis 20.000 € verrechnet werden. Doch es scheint sich ein Hoffnungsschimmer am Horizont abzuzeichnen. Die FDP bzw. das Bundesministerium der Finanzen sowie das der Justiz planen zeitnah ein sogenanntes Zukunftsfinanzierungsgesetz auf den Weg zu bringen. Über den Inhalt des nun vorliegenden Eckpunktepapiers informieren wir in diesem Blogbeitrag.
Die FDP plant die Aufhebung der Verlustverrechnungsbegrenzung
„Unser Land benötigt Investitionen in nahezu beispiellosem Umfang”. Mit diesen dramatischen Worten beginnt das von Bundesfinanzminister Lindner und Justizminister Buschmann vorgelegte Eckpunktepapier für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz, mit welchem Maßnahmen zur verbesserten Finanzierung von Zukunftsinvestitionen getroffen, sowie die Erleichterung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen gewährleistet werden soll. Für uns am erfreulichsten: Die Verlustverrechnungsbegrenzung von 20.000 € soll aufgehoben werden! Nachfolgend zeigen wir an einem kleinen Beispiel, warum die Verlustverrechnung (Stand jetzt) ein Problem darstellt.
Beispiel Verlustverrechnung 2022
Angenommen ein Steuerpflichtiger erzielt im Jahr 2022 Gewinne aus Termingeschäften in Höhe von 500.000 € und gleichzeitig Verluste aus anderen Termingeschäften in Höhe von 400.000 €. 2022 müssen also 480.000 € versteuert werden (obwohl insgesamt nur 100.000 € Gewinn erzielt wurden), da von den Verlusten nur 20.000 € verrechenbar sind.
Die restlichen Verluste in Höhe von 380.000 € wandern in den Verlustvortrag und können in den folgenden 19 Jahren (wiederum auf 20.000 € jährlich begrenzt) mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden, wenn nach unterjähriger Verrechnung (ebenfalls auf 20.000 € begrenzt) ein verrechenbarer Gewinn verbleibt.
Mehr dazu, warum die Verlustverrechnungsbegrenzung so problematisch ist: Blogbeitrag „Verlustverrechnung für Aktien und Termingeschäfte ab 2021“
Verlustverrechnung und Co. – Die Forderungen des Eckpunktepapiers im Überblick
Neben der Abschaffung der Verlustverrechnungsbegrenzung enthält das Eckpunktepapier weitere Vorteile für Privatanleger, welche Investments an der Börse attraktiver gestalten und den privaten Vermögensaufbau fördern sollen.
Das zentrale strategische Ziel des Eckpunkteplans stellt dabei die Erhöhung der Aktienquote bei Privatpersonen dar. Dadurch, dass mehr Bürger in Aktien investieren und ihren privaten Vermögensaufbau vorantreiben, soll ein Schutz vor Inflation aufgebaut und die private Altersvorsorge gestärkt werden. Zusätzlich vereinfacht dies die Eigenkapitalbeschaffung für Unternehmen.
Um dies alles zu gewährleisten, soll ein steuerlicher Freibetrag für Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und Aktienfondsanteilen eingeführt (Höhe noch unbekannt) und der gesonderte Verlustverrechnungskreis für Verluste aus Aktien sowie der gesonderte Verlustverrechnungskreis für Verluste aus Termingeschäften und aus Totalverlusten abgeschafft werden. Somit könnten Verluste aus Aktien und aus Termingeschäften mit allen anderen Kapitaleinkünften verrechnet werden!
Neben der Umgehung der Verlustverrechnung gibt es weitere Vorteile, um eine Trading GmbH zu gründen. Diese hat Steuerberater Frank Konewka in einem Interview mit Inside Markets besprochen:
Weitere Maßnahmen zur Modernisierung des Finanzmarktes
Neben der Abschaffung der Verlustverrechnungsbegrenzung haben sich die FDP-geführten Ministerien mit dem Eckpunktepapier weitere Projekte auf die Agenda geschrieben. Insgesamt soll der Zugang für Wachstumsunternehmen, Startups sowie für kleinere und mittlere Unternehmen zum Finanzmarkt erleichtert werden. Daher sind folgende Maßnahmen geplant:
- Erleichterung bei den Börsenzulassungsanforderungen und bei Zulassungsfolgepflichten
- Verbesserung der Rahmenbedingungen für Finanzierungsmöglichkeiten von Startups, Wachstums- und Kleinunternehmen, dem Mittelstand sowie für SPACs
- Modernisierung und Digitalisierung des Kapitalmarktes durch die Schaffung von Aktienemissionen als elektronische Wertpapiere sowie durch die einfachere Übertragbarkeit von Kryptowerten
- Verbesserung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung an Unternehmen
- Erleichterung von Kapitalerhöhungen und die Schaffung von dual class shares (Mehrstimmrechtsaktien). (Mehrstimmrechtsaktien erlauben die Emission von Aktien mit mehr Stimmrechten, damit Gründer auch dann die Stimmrechtsmehrheit an einem Unternehmen behalten können, wenn sie nicht mehr die Mehrheit der Aktien halten.)
Fazit zur Verlustverrechnung für Aktien und Termingeschäfte
Endlich tut die FDP das, wofür sie gewählt wurde. Die steuerlichen Verbesserungen und hier ganz besonders die Rücknahme der katastrophalen Verlustverrechnung bei Termingeschäften und Totalverlusten dürfte viele private Anleger und Trader freuen.
Jedoch gilt es, dieses Eckpunktepapier mit Vorsicht zu genießen. Dies stellt nur einen ersten Aufschlag der FDP-Minister dar und es bleibt abzuwarten, wie die Koalitionspartner auf den Forderungskatalog von Lindner und Buschmann reagieren. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich die Grünen und die SPD die Zustimmung zu den Forderungen mit Steuererhöhungen an anderer Stelle erkaufen lassen. Was aber auch kommen mag, wir informieren darüber. Folgen Sie uns bei Facebook um keine Neuigkeiten zu verpassen!
– Empfehlung –
für alle, die über eine Trading-GmbH nachdenken oder bereits in einer Kapitalgesellschaft handeln:
In der August-Ausgabe des Vermögensmagazins drehte sich alles um „Steuertricks in der Trading-GmbH“ – von der Gründung, gefährlichen Stolpersteinen bis hin zu steueroptimierten Strategien.
Malte Paulsen meint
Guten Tag,
im aktuellen Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 finde ich zum §20 Artikel 6 nur Informationen zur Verlustverrechnung unter Ehepartnern. Die 20k Grenze wird nicht erwähnt. Bedeutet das, dass an diesem Gesetz doch nichts bzgl. der begrenzten Verlustverrechnung geändert wird? Oder wird an dem Entwurf im Laufe der Zeit noch weiteres ergänzt?
Viele Grüße
Wolfgang meint
laufen eigentlich Klagen gegen dieses äußerst fragwürdige Reglement mit der Verlustverrechnungsbegrenzung? und wenn ja, wer klagt und wie ist der Stand der Dinge? Nach meinem Rechtsempfinden widerspricht die Verlustverrechnungsbegrenzung jedenfalls den elementarsten Gleichheitsanforderungen an ein Gesetz. Eigentlich müsste das Gesetz von jedem halbwegs objektiven Gericht in der Luft zerrissen werden …
Sebastian Flohr meint
Ich würde gerne einer Anlage beitreten, bei mir geht es immerhin um 15.000 Euro Steuern für 2021 selbe Summe hat sich schon dieses Jahr angesammelt
jk meint
Sitze im gleichen Boot. Viel gewonnen, viel verloren plus minus 0, aber 5 stellig Steuern an der Backe, wenn das nicht geändert wird…
CK meint
Ich habe das gleiche Problem…
Fk meint
Ich bin auf auch 0, muss trotzdem 7000 Euro Steuern zahlen.. so ein Schwachsinn
Carsten meint
Es lief eine Klage vor dem Bundesfinanzhof. Dieser hat die Klage zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit an das Bundesverfassungsgericht weitergegeben. Dort liegt sie nun seit 2020 und harrt der Dinge. Laut übereinstimmender Aussage meines Sachbearbeiters beim Finanzamt und eines befreundeten Steuerberaters lässt sich das BVerfG bei solchen Klagen, die nur wenige betreffen und bei denen es „nur“ um Geld geht, eher Zeit. Andere Fragen sind da dringlicher (Mandatsverteilung im Bundestag nach Wahlrechtsreform, GEG-Gesetz, etc.).
Und keine Sorge, Dein Rechtsempfinden funktioniert zumindest in Bezug auf das hier vorliegende Gesetz ausgezeichnet. Laut meinem Sachbearbeiter hat man wohl versucht, die Verrechnung von Verlusten mit Gewinnen aus unterschiedlichen (!) Asset-Klassen zu unterbinden (über den Sinn oder Unsinn einer solchen Maßnahme könnte man auch tagelang diskutieren, aber sei’s drum). Bspw. Verluste aus Optionsgeschäften nicht mehr mit Gewinnen aus einer Anlage auf dem guten alten Sparbuch zu verrechnen.
Herausgekommen ist allerdings etwas ganz anderes.
Man kann nur hoffen, dass derjenige Finanzminister, der sich dieses Gesetz ausgedacht und verabschiedet hat keinen größeren politischen Einfluss mehr erhält.
(Warnhinweis: Diese Antwort enthält Spuren von Ironie, die sehr diffizil versteckt sind. Sollten bei Ihnen allergische Reaktionen auf Ironie auftreten, sprechen Sie vorher mit Ihrem Arzt oder Apotheker ^^)
Tobias Test meint
Da kann ich mich nur anschließen.
Habe in Summe knappe 10.000 in 21 verloren und darf jetzt noch knappe 30.000 Steuern hinterher schießen….. Danke!
ZT meint
hast du einspruch gegen die steuerbescheid erheben?
Oleh Paslavskyy meint
Hi Tobias,
wie war die Geschichte? Musstest Du den Abgeltungsteuer zahlen?
MfG
oleh
DG meint
dito, letztes Jahr Gewinn von 1180 Euro gemacht, jedoch wohl jetzt eine Nachzahlung von 54000 Euro, dieses Jahr Gewinn von ca.2300 Euro, aber bereits 63000 Euro an Abgeltungssteuer abgeführt.
ZT meint
hast du jetzt eine klage am laufen?
Christian meint
Gibt es eine Sammelklage o.ä. in der Sache der man sich anschließen kann? Auch bei mir ergeben sich aus 1000€ Verlust 40000€ Steuern ):
Oleh Paslavskyy meint
Bitte diese zwei Artikeln lesen:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/kapitalanleger-aufgepasst-ist-die-verlustverrechnungsbeschraenkung-des-20-abs-6-s-5-estg-verfassungswidrig-204337.html
und https://www.haufe.de/steuern/rechtsprechung/verlustverrechnungsbeschraenkung-fuer-aktienveraeusserungsverluste_166_544656.html
Yannick meint
Fände ich auch interessant wie man klagen kann, damit dieser Irrsinn bald ein Ende hat. Sonst bleibt nur noch Auswandern in Anlegerfreundliche Länder wie Zypern, Dubai, Panama,… :/
Oleh Paslavskyy meint
Bitte diese zwei Artikeln lesen:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/kapitalanleger-aufgepasst-ist-die-verlustverrechnungsbeschraenkung-des-20-abs-6-s-5-estg-verfassungswidrig-204337.html
und https://www.haufe.de/steuern/rechtsprechung/verlustverrechnungsbeschraenkung-fuer-aktienveraeusserungsverluste_166_544656.html
Evgeni meint
Es wird zu dem Thema scheinbar unglaublich viel „Glauben“ und Spekulation verbreitet. Die meisten schreiben, dass ein Verlust aus einer Long Option ein Termingeschäft ist und damit in die Verlustbegrenzung hineinläuft. Dann gibt es diverse „Experten“ und Steuerberater, die zwischen Termingeschäften sowie Stillhaltergeschäften und Glattstellungsgeschäften unterscheiden. Beispielsweise sollen Verluste aus Short-Positionen (Optionen) nicht unter die Kategorie Termingeschäfte fallen. Es wäre sehr hilfreich wenn ein Experte die Sache endlich mal klarstellen würde…
Carsten Wilde meint
Hallo, der Referentenentwurf liegt inzwischen vor. Ich kann zur Aufhebung der 20000-Grenze jedoch nichts finden. Gibt es andere Meinungen?
Jan B meint
Aktuell ist die Abschaffung *NICHT* im Referentenentwurf enthalten.
Zumindest besteht die Möglichkeit, den gewählten Volksvertreter zu kontaktieren (s.o.) und Bedenken zum Ausdruck zu bringen. Je mehr Bedenkenträger, desto besser…..
Laurin meint
Es sieht so aus als wäre es im Eckpunkte-Papier mit einbezogen ( https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Finanzmarktpolitik/2022-06-29-eckpunkte-zukunftsfinanzierungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=8 ), jedoch finde ich im Referentenentwurf keinerlei Nennung zu diesem Punkt, obwohl Herr Buschmann sich in diesem Kommentar Ende März 2023 es noch nicht ausschließt:
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/marco-buschmann/fragen-antworten/wird-die-verfassungswidrige-verlustverrechnungsbeschraenkung-bei-termingeschaeften-ab-dem-steuerjahr-2023
H. S. meint
Für alle Betroffenen, es gibt inzwischen eine Musterklage.
https://www.cfdverband.de/aktuelles/musterklage
Dr. Arnold Klink meint
Bin seit gestern auch mit im Boot, habe in 2021 schon 17 k zum Nachzahlen und für 2022 droht mir das Doppelte, dachte nicht noch mal in finanz. Schwierigkeiten zu kommen und jetzt haben mich meine Absicherungsgeschäfte in diese gebracht. Vieles mit Kombipräperaten gemacht, Iron Condor oä.
Danke für diese Seite- nach dem Bescheid gestern endlich mal wieder Hoffnung !
Ar.K.
Dr. Arnold Klink meint
https://finanzmarktwelt.de/verlustverrechnungsbeschraenkung-bei-termingeschaeften-urteil-macht-hoffnung-297874/
es gibt berechtigte Hoffnung